Die Elliott-Wellen-Theorie ist eine Methode, um die Bewegungen von Finanzmärkten zu verstehen. Sie geht davon aus, dass sich Kurse nicht völlig zufällig bewegen, sondern bestimmten Mustern folgen, die sich immer wiederholen. Diese Muster nennt man Wellen, weil sie aussehen wie Auf- und Ab-Bewegungen im Meer. Die Theorie hilft Tradern und Investoren, den aktuellen Stand des Marktes besser einzuordnen: Befinden wir uns in einem Aufwärtstrend, in einer Korrektur oder am Ende einer Bewegung? Das Ziel ist nicht, jeden Punkt exakt vorherzusagen, sondern Wahrscheinlichkeiten besser einzuschätzen und dadurch fundiertere Entscheidungen zu treffen.

Der Begriff „Welle“ beschreibt die Form, die Preisbewegungen auf einem Chart annehmen. Märkte steigen selten in einer geraden Linie, sondern bewegen sich in einem ständigen Auf und Ab. Diese Abfolge von Anstieg und Rückgang sieht aus wie Wellen, die sich am Strand brechen. Jede Welle steht dabei für eine Phase von Kauf- oder Verkaufsdruck, also für die Emotionen der Marktteilnehmer. Mehrere kleine Wellen bilden zusammen größere Bewegungen, was ein sogenanntes „fraktales Muster“ ergibt. Genau das macht die Elliott-Wellen-Theorie so spannend: Sie beschreibt ein wiederkehrendes, natürliches Muster, das sich auf jeder Zeitebene beobachten lässt.

Ein kompletter Zyklus nach Elliott besteht aus acht Wellen: fünf in Trendrichtung (Impuls) und drei gegen den Trend (Korrektur). Die Wellen 1, 3 und 5 sind Aufwärtsbewegungen in einem Aufwärtstrend, Welle 2 und 4 sind kleine Gegenbewegungen. Nach Abschluss dieser fünf Wellen folgt eine dreiteilige Korrektur, die als Wellen A, B und C bezeichnet wird. Zusammen bilden diese acht Wellen ein vollständiges Muster. Das Spannende daran: Dieses Muster wiederholt sich auf allen Zeitebenen immer wieder. Eine Welle auf einem kleinen Zeitrahmen kann selbst wieder aus kleineren Wellen bestehen.

Eine Impulswelle ist eine Bewegung in Richtung des Haupttrends. Bei einem Aufwärtstrend sind das die Wellen 1, 3 und 5, die nach oben zeigen. Bei einem Abwärtstrend wären es entsprechend drei Abwärtswellen. Korrekturwellen bewegen sich gegen den Haupttrend und sind meist kürzer und weniger dynamisch. Sie dienen als sogenannte „Verschnaufpause“ des Marktes. Das Verständnis dieser beiden Arten von Wellen ist entscheidend, weil es dir hilft, zwischen starken Trendbewegungen und kurzfristigen Gegenbewegungen zu unterscheiden.

Elliott-Wellen sind kein perfektes Vorhersagewerkzeug. Sie helfen aber dabei, Wahrscheinlichkeiten einzuschätzen, sie liefern jedoch keine 100-prozentig sicheren Prognosen. Märkte sind komplex und von vielen Faktoren abhängig, darunter Nachrichten, Wirtschaftsdaten und unerwartete Ereignisse. Dennoch können Elliott-Wellen eine wertvolle Orientierung geben, wenn man sie diszipliniert und mit anderen Methoden kombiniert. Viele Trader nutzen sie, um mögliche Kursziele oder Wendepunkte einzugrenzen, und passen ihre Strategien an, wenn der Markt eine Zählung „ungültig“ macht.

Ralph Nelson Elliott war ein amerikanischer Buchhalter, der in den 1930er-Jahren die Grundlagen der Elliott-Wellen-Theorie entwickelte. Durch eine Krankheit war er gezwungen, sich zurückzuziehen und begann intensiv, die Bewegungen an den Aktienmärkten zu analysieren. Dabei entdeckte er, dass sich die Kurse in wiederkehrende Muster gliedern, die er „Wellen“ nannte. Sein bekanntestes Werk, „The Wave Principle“ von 1938, ist bis heute eine der wichtigsten Schriften zur Technischen Analyse. Elliott zeigte, dass Märkte nicht nur durch Nachrichten und Wirtschaftsdaten, sondern auch durch die Psychologie der Marktteilnehmer beeinflusst werden. Diese Erkenntnis macht seine Arbeit bis heute relevant.

Die Theorie bietet eine Art „Landkarte“, um die aktuelle Marktphase zu verstehen. Wenn du weißt, ob du dich in einer Aufwärtsbewegung (Impuls) oder einer Abwärtsbewegung (Korrektur) befindest, kannst du deine Entscheidungen danach ausrichten. Viele Trader versuchen beispielsweise, am Anfang einer Aufwärtsbewegung einzusteigen (oft Welle 2 oder Welle 3) und am Ende einer Bewegung auszusteigen (Welle 5). Investoren nutzen die Theorie, um Panikphasen besser einzuordnen und nicht in ungünstigen Momenten zu verkaufen. Die Elliott-Wellen-Theorie ist also kein starres Regelwerk, sondern ein Analyse-Werkzeug, das hilft, Wahrscheinlichkeiten besser einzuschätzen.

Eine 5-Wellen-Bewegung sieht aus wie eine treppenförmige Bewegung: drei Schritte vorwärts, zwei kleine Rücksetzer dazwischen. Die erste Welle markiert den Start der Bewegung. Danach kommt eine Korrektur (Welle 2), die typischerweise nicht unter den Startpunkt fällt. Welle 3 ist meist die längste und dynamischste Bewegung. Nach einer weiteren Korrektur (Welle 4) folgt die letzte Aufwärtsbewegung (Welle 5), die oft von sinkendem Volumen begleitet wird. Wenn du diese Struktur erkennst, kannst du annehmen, dass bald eine größere Korrektur in Form der Wellen A, B und C folgen wird.

Die Elliott-Wellen-Theorie basiert auf der Annahme, dass Märkte von menschlichem Verhalten geprägt sind. Angst, Gier, Hoffnung und Panik führen zu wiederkehrenden Mustern. Eine Welle 3 entsteht oft dann, wenn immer mehr Anleger „auf den Zug aufspringen“ und den Trend verstärken. Eine Welle 5 kann entstehen, wenn die Euphorie am höchsten ist – und danach oft eine Korrektur folgt, weil viele Gewinne mitnehmen. Elliott-Wellen sind also nicht nur technische Formationen, sondern ein Spiegel der kollektiven Emotionen am Markt.

Ein Retracement ist eine Rückbewegung des Kurses innerhalb eines bestehenden Trends. Stell dir vor, der Markt steigt stark an – irgendwann machen Anleger Gewinne mit, und der Kurs fällt etwas zurück, bevor er weiter steigt. Genau dieser Rückgang ist ein Retracement. Retracement‘s sind wichtig, weil sie oft gute Einstiegsgelegenheiten bieten: Trader warten auf eine gesunde Korrektur, bevor sie in den Trend einsteigen. Typische Retracement-Level werden mit Fibonacci-Zahlen gemessen, zum Beispiel 38,2 %, 50 % oder 61,8 % des vorherigen Anstiegs.